Crime – Erpressung mit Hindernissen

Erscheint in Kürze bei Tolino Media

Textauszug:

Bei dem Anblick der roten Dessous, die Belinda auf dem ersten Foto trägt, wird Kruttge ganz warm ums Herz und in den Lenden. Nur einen kurzen Augenblick später, wird ihm richtig heiß und dann eiskalt. Denn auf den folgenden Bildern ist Belinda nicht mehr nur allein zu sehen. Und zwischen den letzten beiden Fotos ist ihm der Zettel in die Finger gefallen, der den Fotos beigelegt war.

„Ich fordere 500.000,00 Euro, du hast zwei Wochen Zeit, das Geld zu besorgen. Wenn du nicht zahlst, bekommt deine Frau diese Fotos.“ Kruttge glaubt nicht, was er da liest. „Belinda, dieses Miststück!“ Sie glaubt doch wohl nicht ernsthaft, dass er sich für sie von seiner Frau Eleonore trennt. Und dass er zahlt, glaubt sie hoffentlich auch nicht. Mit fahrigen Bewegungen rafft er die Fotos zusammen und stopft sie samt Zettel in den braunen Umschlag zurück. Den verstaut er dann sicher in seiner ledernen Businesstasche und setzt sich zurück an den großen Glasschreibtisch.

Konrad Kruttge, 53 Jahre alt, Landrat in einem südbadischen Landkreis wird also erpresst. Die Summe hatte eindeutig zu viele Nullen vor dem Komma. Wie kam Belinda nur darauf, dass er in zwei Wochen so viel Geld beschaffen könnte. Das konnte er definitiv nicht. Wenn er ehrlich sein sollte, war sein Vermögen eher unbar. Tolles Haus, hochwertiger Schmuck und ein tolles Auto, alles abbezahlt und ein paar fest angelegte Reserven, die sich aber nie und nimmer auf eine halbe Million beliefen. Außerdem waren die nicht schnell und über die volle Summe zu beschaffen, weil die Verträge strenge Klauseln enthielten, wenn sie vor der Zeit gekündigt werden.

Das Telefonklingeln rief ihn aus seinen Gedanken. Die Sekretärin meldete sich: „Herr Kruttge, ihre Frau ist da. Sie haben zwanzig Minuten bis zum nächsten Termin, soll ich sie vorlassen?“ Kruttge war klar, dass Eleonore wutschnaubend neben Gerhild stehen und sich nicht abwimmeln lassen würde und er stimmte zu.

„Konrad, ich hasse es, bei deiner Sekretärin stehen zu müssen, wie eine lästige Zeitungsaboverkäuferin. Oh mein Gott, wie siehst du denn aus? Du bist ja ganz bleich. Brauchst du einen Arzt?“

Der Landrat deutete auf den Sessel, den seine Frau üblicherweise einnahm, schüttelte den Kopf und versuchte, weitere Nachfragen zu unterbinden, indem er geradeheraus sagte: „Frag lieber nicht!“ Doch Eleonore Kruttge beliebte dies zu ignorieren und fragte weiter. Alles Abwinken ihres Mannes nutzte nichts. „Wenn du mir nicht sagst, was los ist, rufe ich den Notarzt und lasse dich zum Durchchecken einweisen!“ Eleonore zückte das Handy und hielt es drohend in die Luft. Fast wirkte diese Androhung verlockend auf Konrad. Krank sein und sich eine Auszeit gönnen, dies in einer Pressemitteilung an die Öffentlichkeit geben und das Problem würde sich vielleicht von selbst lösen? Was aber wenn nicht?

„Eleonore, es ist lieb, dass du dich sorgst. Du weißt, ich darf über meine Arbeit nicht sprechen. Es geht mir gesundheitlich gut. Wirklich! Aber sag, was führt dich denn zu mir?“ Konrad versuchte unauffällig, die Uhrzeit festzustellen. Auf Gerhild Mikoleit konnte er sich verlassen, sie würde ihn in zehn Minuten loseisen. Er musste seine Frau nur dazu bewegen, von seiner Blässe wegzukommen. Erwartungsvoll sah er Eleonore an. Sie wirkte, als wolle sie etwas Unangenehmes ansprechen. Um es ihr leichter zu machen, legte er seine Hand auf ihr Knie und tätschelte es. „Nun sag schon. So schlimm wird es schon nicht sein.“ Was konnte schon schlimmer sein, als eine Erpressung? Gedanklich führte Kruttge seinen Satz weiter und war innerlich auf alles gefasst.